Haben Sie einen Ort in der Kirche, der Sie in besonderer Weise anspricht? „Mein" Ort in der Kirche ist der Tabernakel. Wenn ich in einer Kirche bete, richte ich mich nach dem Tabernakel aus. Meist sind meine Augen geschlossen – aber mein Herz, mein Gebet habe ich gewissermaßen an den Tabernakel gehängt. Denn dies ist der Ort, der mir die lebendige Begegnung mit Jesus Christus verspricht. Hier werden die übriggebliebenen Hostien aufbewahrt. Die Hostien, in denen Jesus Christus gegenwärtig ist. Das darf ich glauben: Hier ist Jesus da für mich. Hier schaut er mich an. Hier geschieht Begegnung.
Ich glaube daran, dass Jesus mich ebenso ansieht, wenn ich zu Hause bete. Dass er für mich da ist, mir begegnet. Und doch, im Verweilen vor dem Tabernakel hat dieser Glaube nochmal eine andere Qualität – es fällt mir leichter, mich nicht ablenken zu lassen. Somit ist der Tabernakel für mich eine Hilfe, ein Geschenk, die Beziehung zu Jesus zu vertiefen.
Hat erst einmal ein Gottesdienst begonnen, tritt für mich die Bedeutung des Tabernakels zurück. Jesus ist dort nicht weniger präsent – aber er bietet mir andere Hilfen, weitere Geschenke an, ihm zu begegnen. Die Begegnung mit Jesus Christus im Wort der Bibel. Die Begegnung mit ihm in der Gestalt des Brotes. Wenn Jesus durch die Wandlung der Eucharistie bzw. durch den feierlichen Empfang des Kommunionhelfers neu gegenwärtig wird, ist dies ein Angebot der Begegnung für mich.
Am Gründonnerstag nach der Liturgie wird der Tabernakel geleert und das heilige Brot an einem anderen Ort aufbewahrt. Jesus ist weiterhin gegenwärtig, es wird aber zeichenhaft deutlich gemacht: Im Moment ist anderes wichtig. Im Moment gedenken wir des Leidens und des Sterbens Jesu Christi. Im Moment sind mir andere Geschenke angeboten, die mir eine Begegnung mit Jesus Christus ermöglichen.
Der Tabernakel verliert nicht an Bedeutung, wenn wir ihn in der Wort-Gottes-Feier nicht nutzen. Es wird deutlich und damit erfahrbar gemacht: Wir werden aus der Eucharistiefeier, aus dem lebendigen Gedenken an das Leiden und Sterben Jesu, genährt. Wir besitzen Jesus nicht, er schenkt sich uns.
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