PV Warburg Wenn ich die Rolle eines Helden, eines Retters besetzen müsste: Er (oder auch sie, das will ich nicht so eng sehen …) müsste stark sein. Von der Statur schon was her machen. So dass man es sich zweimal überlegt, ob man sich mit ihm anlegt. Gleichzeitig müsste er viele Fähigkeiten besitzen. Alles Mögliche können. Universaltalent sein. Damit könnte er, wenn sich doch mal jemand auf die Auseinandersetzung einlässt, problemlos gewinnen. Überlegen sein. Ein Held eben.
Als Gott die Rolle seines Helden, des Retters, des Erlösers, besetzte, nahm er tatsächlich den Besten und Fähigsten, den er kriegen konnte: Seinen Sohn. Voller Einsatz! Nicht zu toppen!
Aber wie er die Rolle ausgestaltete …
Ich würde den Retter ja mit einem großen Paukenschlag, vielleicht in einem donnernden Gewitter, umtost von Blitzen, als richtigen Knalleffekt erscheinen lassen. Den müssten alle bemerken. Einmal schnell nach allen Seiten dreinschlagen, dass die Bösewichter durcheinanderfliegen – und jeder merkt: Jetzt ist er da, der Retter! Jetzt ist Schluss mit Lustig, ab jetzt wird sich benommen!
Als Gott seinen Retter schickte, machte er das erst einmal von dem Ja einer jungen Frau abhängig. Die Eltern, die er für ihn aussuchte, waren schon von guter Abstammung – aber doch, seien wir mal ehrlich, verarmt. Einflusslos. Machtlos. Kein guter Start – denn als erstes, noch vor der Geburt, mussten sie in einen anderen Ort ziehen (wo es keinen ordentlichen Platz für sie gab), und von dort aus später dann ins Ausland flüchten.
Statt des mächtigen, starken und unüberwindbaren Helden – ein kleines Kind. Ein Baby.
Nun sind wir Menschen ja darauf gepolt, Babys niedlich zu finden, sie schützen zu wollen und zu lieben. Vielleicht ist ja genau das eine Grundbotschaft von Weihnachten: Diesen Jesus lieben. Eine solche intime Beziehung zu uns ist Gott wichtiger als Respekt, Angst und Bewunderung.
Jesus hat durch sein ganzes Leben hindurch gezeigt, dass der Kern seiner Botschaft die Liebe ist. Indem Gott die Rolle des Retters nicht mit einem Haudrauf, sondern einem Baby besetzte, können wir schon in den ersten Momenten Jesu entdecken: Es geht um die Liebe. Es geht darum, diesen Jesus – Gott – zu lieben.
Gott will einfach nur geliebt werden.
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