Die Neustadtkirche betritt man gewöhnlich von der Seite her durch das Südportal.
Das spätromanische Portal (1260) schmücken gekrönte, königliche Häupter.
In der Kirche umgibt uns auffällige Stille gegenüber dem Markttreiben und dem Verkehrslärm des Stadtzentrums der Neustadt.
Besonders am Morgen dominieren die farbigen Chorfenster, die Christus in der Glorie, die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem und das Ostergeschehen, die Auferstehung Christi aus dem Grab darstellen.
Inzwischen haben sich die Augen an den dunkleren Raum gewöhnt und erkennen im „Triumphbogen“, dem Übergang zum „jüngeren“ Teil der Kirche, dem hochgotischen Chor (Bauzeit 1366 – 1430), das große Kreuz mit dem ans Kreuz gehefteten, sterbenden Christus.
Am Fuß des Kreuzes steht der Altar, an dem die Hl. Messe mit der Gemeinde gefeiert wird. Das Kreuz (Entstehung etwa 1480) zieht den Blick aufwärts in den Chorraum und lässt uns an den Wänden auf Postamenten mit Baldachinen geschmückt, den Kranz der steinernen Apostelfiguren erkennen. Johannes der Evangelist mit dem Kelch in der Hand ist die älteste Figur.
Später (1450) kamen Petrus, Paulus, Bartholomäus, Jakobus und die anderen dazu.
Simon und Andreas, rechts hinter der Wand, an der die Kanzel ihren heutigen Platz gefunden hat, sind Holzfiguren aus noch späterer Zeit.
Der aufstrebende, neugotische Hochaltar (1885) ersetzt übrigens einen mächtigen Barockaltar, den der junge J.C Schlaun entworfen und mit ausgeführt hat.
Die Seitenwände unten laden ein, die gotischen Steinmetze zu bewundern, die mit höchster Kunst Zierrat und Drolerien geschaffen haben. (Affe mit Spiegel – Esel mit Dudelsack).
Die Seitenwände sind seit 1520 mit Chorgestühl ausgestattet, die die hiesige Kaland-Bruderschaft angeschafft und genutzt hat.
Damit haben sie allerdings (in der Reformationszeit !) Bildwerke des Spätmittelalters zugestellt, die erst 2004 wiederentdeckt wurden. Es sind ein Tafelbild des Christophorus und Blätter (textierter Einblattdruck – Inkunabeln) einer Totentanzdarstellung nach Holzschnitten, wie wir sie aus dem „Heidelberger Totentanz“ (von Knoblochtzer aus dem Jahr 1485) kennen. Die Reproduktionen der verborgenen Bilder finden sie, wenn sie nun aus dem Chorraum in den nördlichen Teil des Querschiffes gehen.
Zuerst aber fällt ihnen die große Gestalt des leidenden Christus, der „Schmerzensmann“ auf.
Zu den gotischen Figuren, die hier an das Leiden Jesu erinnern, gehören auch noch die Getsemane-Gruppe der schlafenden Jünger am Ölberg und die Pieta, die Darstellung Mariens, der Mutter Jesu in ihrem Schmerz mit dem Leichnam ihres Sohnes auf dem Schoß.
Im Zurückgehen bis in das südliche Seitenschiff führt der Weg noch einmal an der Renaissance-Kanzel (1611) vorbei, die in ihrer Bildsprache ein Werk der Gegenreformation ist. Evangelisten und Kirchenväter übereinander angebracht sagen: „Die Verkündigung des Predigers fußt auf Schrift und Tradition.“
In der Seitenkapelle sind weitere Kunstwerk aus dieser Zeit, der Taufstein und der „Geismaraltar“ zu entdecken. Die figürliche Darstellung der Taufe Jesu im Jordan durch den Patron der Neustadtkirche, Johannes den Täufer, ist der gerettete Rest des Mittelbildes des schon angesprochenen, barocken Hochaltars.
Lassen Sie nun doch einfach, indem Sie sich einen Platz suchen, der Ihnen gefällt, die Stille des über 750 Jahre alten Raumes in sich hinein und lassen Sie die Anbetung Gottes, wie sie Generationen vor Ihnen geübt haben, in sich aufsteigen, um in Frieden und gesegnet weiterzugehen.
Sie suchen noch etwas Modernes? Dann lassen sie sich vom bronzenen Kreuzweg und seiner Ausdrucksstärke einfangen. (geschaffen von Hubertus Elsässer – 1992).
Text: Pfr. Heinz Eickhoff