PV Warburg Vor einigen Wochen sind hier in Warburg innerhalb einer großartigen Aktion Stolpersteine verlegt worden: eine Erinnerung an Opfer des Nazi-Regimes, indem ein Stein auf den letzten selbstgewählten Wohnort eines Menschen verweist. Eine Mahnung an uns, nicht einfach darüber hinwegzugehen, sondern zu stolpern – und zu wissen: So etwas darf heute nie wieder geschehen!
Im besten Fall gerate ich über einen solchen Stein wirklich ins Stolpern: Ich gedenke des Menschen, der wegen seines Glaubens, seiner Überzeugung, seiner Rasse … seiner Andersartigkeit vom Nazi-Regime zu leiden hatte. Und mir kommt der Kollege, die Mitschülerin, das Nachbarskind in den Sinn, der oder die wegen der Andersartigkeit auch zu leiden hat – und ich schenke diesem Menschen ein Lächeln oder zeige ihm meine Wertschätzung, meine Unterstützung auf die Weise, die für diesen Menschen passend ist.
Eine großartige Form der Erinnerung – die mich auch in meinem Lebensumfeld packt und Gesellschaft im Kleinen (also da, wo es darauf ankommt) verändert.
Ähnlich stark will auch die Erinnerung in unserer Liturgie sein: Sie will meinen normalen Lebensrhythmus unterbrechen und mir ein Geschehen vor Augen führen, das mich verändert.
Dies wird mir Jahr für Jahr in der Mitfeier des Gründonnerstags deutlich. Im Hochgebet sagt der Priester nach dem Lobpreis: „Denn am Abend, an dem er ausgeliefert wurde und sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf – das ist heute -, nahm er das Brot …“
Da ist nicht nur vor 2000 Jahren etwas passiert, an das wir heute noch denken. Das ist nicht einfach etwas von früher, das heute der Anlass für unsere Feier ist. Es heißt ganz schlicht: Das ist heute.
Was für den Gründonnerstag so ausgedrückt wird, gilt genauso für Ostern, Pfingsten, Weihnachten wie in jeder Eucharistiefeier … Wir sind heute wieder neu hineingenommen in dieses Geschehen. Wir sind mitten drin. Es ist heute, es geschieht an mir. Mir wird gleich dieses Brot gereicht, in dem mir Jesus Christus begegnet. Genauso intensiv, genauso wirksam: wie für seine Jünger damals, so auch für mich heute. Ganz zu verstehen ist das nicht. Muss ich auch nicht. Nur glauben: Hier wird etwas an mir – in mir – wirksam.
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